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Porzellanfuhr

die, -, -en

Erotik im Mietwagen


Wortart: Substantiv
Tags: Wien
Kategorie: Veraltet, Historisch
Erstellt von: Koschutnig
Erstellt am: 19.01.2016
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Kommentare (3)


"Porzellanfuhr" diente als Losungswort für eine möglichst sanfte Fiakerfahrt ohne bestimmtes Ziel für 2 Personen verschiedenen Geschlechts. "Porzellanfuhren" dienten auch als pikanter Ersatz für ein Stundenhotel, und das Losungswort "Porzellanfuhr" soll bei Wiener Taxis immer noch verstanden werden.
Fiaker […] Als Porzellanfuhr bezeichnete man die Fahrt mit einem Liebespaar, das nicht gestört werden wollte.
source: Austria-Forum

Dem Fiaker wurde auch die sogenannte Porzellanfuhr', anvertraut. „Fahr' Er für eine Stunde in den Prater!"
Die Porzellanfuhr', die immer nur zu zweit unternommen wurde, hatte kein Ziel; ihr Zweck war nicht die schnellste Verbindung zwischen zwei Punkten, sondern die langsamste; als wäre kostbares Porzellan zu fahren.
source: Tizia Leitich, „Wiener Biedermeier. Kultur, Kunst und Leben der alten Kaiserstadt" (1941) S. 100

Koschutnig 19.01.2016


Den besonderen Kick holte man sich im alten Wien bei sogenannten “Porzellanfuhren”. Dabei stieg ein Mann mit der Dame der Wahl in einen Fiaker und informierte den Kutscher, dass man im Begriff stehe, eine “Porzellanfuhr” anzuheuern.
Damit wusste der Fiaker, dass es sich um eine “heikle Angelegenheit” handelt und fuhr deshalb so vorsichtig, als ob er Porzellan transportieren würde. Auch heutzutage gibt es diese “Porzellanfuhren” noch – etwas offenherziger und ungenierter im Taxi.
source: Lust & Laster im Alten Wien. msn nachrichten.com
Mehr dazu im kürzlich (Okt. 2015) erschienenen Band “Lust & Laster im Alten Wien, Einblicke Einblicke in die erotische Geschichte der Stadt" von Barbara Wolflingseder. Die Verfasserin. so liest man auf der Google-Seite, „ bietet für Schulklassen, Gruppen oder Privatpersonen Stadtführungen zu unterschiedlichen Themen durch Wien.“
Koschutnig 19.01.2016


Wien 1822:
In- und ausländische Roués setzen sich zur Abendzeit häufig mit Dirnen eines gewissen Gelichters in Fiacker, und bestellen eine Porzellanfuhre; der Kutscher fährt bei solchen Gelegenheiten im Schritte so lange planlos in menschenleeren Stadtgegenden umher, bis ihm zu halten, oder einem anderen Takte zu folgen geboten wird. Für solche Spazierfahrten soll aber sehr reichlicher Lohn erheischt werden.
Man erzählte mir von einem in der That sehr komischen Irrthume. Ein anständiger Beamter der k.k. Porzellanfabrik war mit seiner Gattin bei einem Freunde in der Stadt zum Abendbrot geladen, nach dessen Beendigung er in einem Fiacker nach Hause zu gelangen gedachte. Der Beamte wies den Kutscher an, nach der Porzellanfabrik zu fahren, allein da dieser die Pferde so lässig antrieb, daß man kaum von der Stelle kam, rief jener unwillig aus dem Schlage, ob er ihn nicht verstanden? — »Ganz wohl!« erwiderte der Flacker und fuhr nun noch langsamer. Der Beamte legte auf der Gattin Zureden seiner Ungeduld Fesseln an, allein als man bereits beinahe eine Stunde im Wagen gesessen und trotz der Schneckenpost, nach des Beamten Dafürhalten, die in der Vorstadt Roßau gelegene Porzelanfabrik längst erreicht haben sollte, hielt sich dieser nicht länger und sprang aus dem Wagen. Man befand sich in einer entgegengesetzten Sphäre, und jetzt klärte sich der Irrthum zu nicht geringem Ärgerniß des ehrbaren Ehepaares auf.
source: Adolph von Schaden, „Meister Fuchs, oder humoristischer Spatziergang von Prag über Wien und Linz nach Passau“ . 1822, S. 226


Zur durchaus gerechtfertigten "Verbannung" des Eintrags:
Mir war in der Tat entgangen, dass " Porzellanfuhren" auch in Berlin und anderen deutschen Städten Einzug gehalten hatten. Immerhin scheint die Erwähnung aus Wien von 1822 durch einen Bayern die älteste zu sein, und die Kürzung der Standardform Fuhre zur Fuhr, die der Bayer in seinem Bericht aus Wien ja vermeidet, scheint damals bereits umgangssprachliches Österreichisch zu sein.
Hier jedoch der Beleg für die preußischen Liederlichkeiten, die geradezu institutionalisiert wirken:
Ebenso ist der in dem Buche „Die Prostitution in Berlin und ihre Opfer" (Berlin 1846), S. 171 erwähnte, von der frivolen berliner Prostitution geschaffene Ausdruck Porzellanfuhre '), wenn auch in Berlin aufgekommen, doch in ganz Deutschland bekannt, wo es verschlossene und mit Gardinen verhängte Droschken oder Fiaker gibt.

1) Die Porzellanfuhre ist die Fahrt zweier liederlicher Personen in verschlossenem, mit Gardinen verhängtem Wagen, wobei der (häufig mit seinem Wagen dazu eingerichtete) Kutscher (Prozellankutscher, Porzellanfuhrmann) so langsam fahren muss, als ob er zerbrechliches Porzellan führt.
source: Friedrich Christian Benedict Avé-Lallemant, „Das deutsche Gaunerthum“, 3. (linguistischer) Theil, (Brockhaus, Leipzig 1862) S. 169

Koschutnig 20.01.2016





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