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angänzen



anschneiden, anbrechen, anbeißen etc. (eines Ganzen)


Wortart: Verb
Kategorie: Veraltet, Historisch
Erstellt von: Koschutnig
Erstellt am: 06.01.2012
Bekanntheit: 0%  
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Dieser Eintrag sieht prinzipiell nicht schlecht aus aber es ist noch mehr Information nötig. Alles Kommentare und Bewertungen sehr erwünscht.

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Kommentare (9)


Prächtig: "Idioticon Austriacum",
das ist: Mundart der Oesterreicher, oder Kern ächt österreichischer Phrasen und Redensarten. Von A bis Z. Zweyte vermehrte Auflage mit besonderer Rücksicht auf Wien. 1824 S. 10:
Angänzen. von einem ganzen etwas zuerst wegnehmen. An Budelln Wein, an Lab Brod angänzen, eine Bouteille Wein, einen Laib Brod angänzen
source: "Idioticon Austriacum"(1824)
Älter als diese "vermehrte Auflage mit bes. Rücksicht auf Wien"
und eine wahre Fundgrube seltsamer Wörter (Muschkalanz, Tschukuladi!) ist K. Fischers Aufsatz "Purismus der österr. Mundart" ab Seite 454 in Friedrich von Schlegel, "Deutschem Museum", Wien 1813. Dort:

Angänzen, für: von einem Ganzen zuerst etwas wegnehmen, z. B. ein Faß Wein, einen Laib Brodt angänzen , statt der specielleren Ausdrücke : anzapfen , anschneiden.
source: K. Fischers, "Purismus der österr. Mundart" in "Deutsches Museum" Bd. 4 (1813)
Ähnlich auch der Archivar und Registratur-Director des Magistrates der Stadt Wien, [quote: Franz Tschischka, im III. Teil - "Idiotikon"- seiner "Bemerkungen über die Mundart des Volkes im Lande Oesterreich unter der Enns" in Bd. 2, S. 153, der "Beiträge zur Landeskunde Oesterreich's unter der Enns" von 1832. http://tinyurl.com/75nfq57

*Wissen.de: angegänzt = angebrochen, insbesondere eine Flasche mit Flüssigkeit, bzw. Getränk deren Verschluss schon mal geöffnet, und ein Teil des Getränkes entnommen worden ist.

In Österreich, Banat und Siebenbürgen auch in der Hochsprache verwendet.
http://tinyurl.com/787hccps.a. Retti, OEWB: kaum mehr bekannt in Wien und den Landen ob und unter der Enns! http://tinyurl.com/864wm3d
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Koschutnig 06.01.2012


Bei der Gelegenheit
sei angemerkt, dass uns UNSER EIGENER Dialekt schon ziemlich abhandengekommen zu sein scheint. ... Einfach zum Nachdenken ...
JoDo 06.01.2012


Peter Roseggers Hochsteirisch:
* Käfer ... zwicken, noch andere jagen über Kinn und Wange her und wollen bei den Nasenlöchern hinein, und etliche umkreisen fliegend den Kopf und sind noch unschlüssig, von welcher Seite sie das Dirndel angänzen sollen ("Das große Menschenmädel." Heimgarten Bd. 20, 1896, S. 60)* Das Hingeben und Angänzen des Allerheiligenstritzels bedeutet... ("Das Volksleben in Steiermark", 1895, S. 378)Jedoch auch Friedrich Salomo Krauss von der Anthropologischen Gesellschaft in Wien dichtet hochpoetisch einen romanischen Vers nach: Mein Leib zum Genießen,neuer Leib zum Angänzenich will ihn angänzen mit einem Burschenwenn er heiratsfähig ist.Aus: "Anthropophyteia. Jahrbücher für folkloristische Erhebungen und Forschungen zur Entwicklunggeschichte der geschlechtlichen Moral", Bd. 6, 1909, S. 396, http://tinyurl.com/6ppvywx
Koschutnig 06.01.2012


@Koschutnig - zur Ergänzung
Die erste Auflage des Lexikons "MUNDART DER ÖSTERREICHER

oder Kern ächt österreichischer Phrasen und Redensarten
Von A bis Z. " erschien bereits 1811 - und ist in digitalisierter Form auf http://www.sagen.at/doku/lexika/mundart1811/mundart1811.html sehr gut zu studieren.
Compy54 07.01.2012


@Compy: Hab Dank!
Dein Fund ist sicher für so manchen leichter lesbar als die " zweyte vermehrte Auflage mit besonderer Rücksicht auf Wien", die aber durch die Vermehrung auch eine verbesserte Auflage ist, wenn z.B. beim "Angänzen" aus "Budeln" durch l-Verdopplung eine verständlichere "Budelln" gemacht wird.Überdies hat's mich gereizt, den neuen Titel wieder einmal auffällig unterbringen zu können: Nicht jedem dürfte bekannt sein, dass der Idiot im alten Athen der apolitische Mensch war, der sich heraushielt, wenn es öffentl. Auseinandersetzungen gab, der in seinem "Eigentum" blieb, sich "eigentümlich" verhielt, der ein Mensch war, der seine eigene Art hatte, die "eigenartig" war.< br> Später wurde das "Idiom", das einer Gruppe "eigen" ist, ihr "Idiotismus", die "kennzeichnende Eigenheit der Sprechweise einer Mundart oder einer Sprache" (Gr. Brockhaus von 1931) in einem "Idiotikon" gesammelt. - Österreichischer "Idiotismus" ist demnach, wenn "lecker", "sag ich mal" oder "an Weihnachten" von der heimischen Bevölkerung NICHT verwendet werden. Hmmm!
Koschutnig 07.01.2012


"Mundart Burgenland" weiß:
angänzen: anfangen; anbrauchen. Aussprache: au(n)gänzn Grimms Wb. schreibt, als dt. Gegenteil von "ergänzen" gab es :"früher auch 'entgänzen' (bis ins 18. jahrh., noch siebenb., s. DWB ganz I, c am ende), 'zergänzen' Schmeller 2, 59, in Kärnten 'ungenzen' = unganz machen, z. b. ein brot anschneiden, ein fasz anstechen, Lexer 108, schweiz. ebenso; 'angänzen', Stalder 1, 424,: das ganze angreifen. http://tinyurl.com/7f4bqj6
Koschutnig 07.01.2012


Lebendig in allerfeinster Lyrik:
Im österr. Standard ausgestorben, mundartlich mit schriftlichem Bezug zu "ganz" aber erhalten: „Host ka Bier? Moch jo kan Schmäh!“
Er gibt an jeden glei 2 Hülserln
obwohl - da Pollak wül scho büseln.
Dann tuat er doch des Bier angänzen
(Der Zug fahrt grod durch St. Lorenzen)
„De Steiermark is wirklich schen

Nur – hob i de Kirchn net scho g´sehn?“
u.v.m. -DER POLLAK UND DER NAWRATIL -
von Chief69 ("Tschif") http://tinyurl.com/7khtd9p
Koschutnig 07.01.2012


Wort gibts schon:
angenzen
eska 09.01.2012


Bravo, eska - und danke!
Da der Buchstabe "ä" bei uns ja mundartlich in vielen Wörtern als [a] gesprochen wird - Jager, Kas, Karnten, Graz für die frühere Schreibung "Grätz", etc. - , was noch im 19. Jh. sogar offiziell war, und "angänzen" demnach ånganzn wäre, ist mir eine mögliche mundartliche Form "angenzen" und daher auch das Suchen nach der Schreibung mit "e" gar nicht in den Sinn gekommen.Es könnte sich beim Wort um einen frühen, schon ahd. Umlaut ("Primärumlaut")zu "ganz" handeln (wie 'edel' von 'Adel', 'Eltern' von 'alt'), der noch nicht unter unser übliches [a>æ>a]gefallen ist.
Koschutnig 09.01.2012





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